Frage: Wie haben Erkenntnisse wie Gödels Unvollständigkeitssätze und die Unterscheidbarkeit der Prädikatenlogik die Anwendung von Logik in der KI beeinflusst.
Vermutlich gar nicht so sehr. Heutige KI-Systeme basieren nicht auf Logik (weder Prädikatenlogik noch Fuzzy Logic), sondern eher auf Statistik und linearer Algebra — neuronale Netze haben große Ähnlichkeit mit linearen Gleichungssystemen. Allerdings hat Alan Turing auf Gödel Bezug genommen, als er diesen Aufsatz schrieb:
Turing, A. M. (1936). On Computable Numbers, with an Application to the Entscheidungsproblem. Proceedings of the London Mathematical Society, s2-42(1), 230–265. https://doi.org/10.1112/plms/s2-42.1.230
Darin definiert Turing die heute sogenannte Turingmaschine — und die ist nicht unwichtig für die KI-Forschung.
Allgemeine Prädikatenlogik ist zwar unentscheidbar, aber es gibt Einschränkungen, die sie dann doch entscheidbar machen. Und die Einschränkungen kann man meist hinnehmen, sodass daraus eigentlich keine Probleme erwachsen.
Das größere Problem ist die Modellierung sowohl der „Welt“ als Fakten (bzw. Atome und Prädikate in der PL) als auch des „Wissens“ als Regeln. Und schließlich die Formulierung der korrekten Anfragen an ein solches wissensbasiertes System. Im Ergebnis sind solche Wissenbasen nur für sehr beschränkte Anwendungsfelder mit einfachen Zusammenhängen überhaupt konstruierbar. Und da spielen die theoretischen Einschränkungen dann auch keine Rolle.
Der Trend geht eher zu einfacherern Wissensbasen, die letztlich nur Fakten und zweistellige Prädikate vorsehen (sogenannte Tripel-Stores). Die Tripel-Stores (zum Beispiel WikiData) werden dann genutzt, um mittels ML trainierte KI-Systeme um „Wissen“ (also Faktenwissen und Zusammenhangswissen) zu ergänzen. Dafür bedarf es garkeiner besonderer Inferenzen, sondern es wird einfach geprüft, ob bestimmte Dinge in bestimmten Relationen zueinander stehen. Längst nicht kompliziert genug um an die Grenzen der Entscheidbarkeit zu gelangen.
Die aktuell hippen Anwendungen der KI (Sprachmodelle, Stable Diffusion, Dall-E, …) beruhen auf Deep Learning und (sehr großen) neuronalen Netzen und gerade nicht auf „Logik“ im Sinne von formalen Regeln.
Da Du Dich offenbar gut auskennst, hast Du vielleicht auch das Buch „Gödel, Escher, Bach“ von Douglas R. Hofstadter gelesen? Falls (noch) nicht: Auch wenn das Buch schon älter ist, lohnt es sich!
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